Schach ist unrealistisch

Schach ist allein insofern nicht realistisch, als es die Opferung oder gar Ermordung des eigenen Königs aus strategischen Erwägungen heraus nicht kennt.

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Steuervermeidung zwecklos

Sollten sich Pferdebesitzer in großem Umfang der Pferdesteuer durch Schlachtung ihrer Pferde zu entziehen versuchen, wird flugs eine Pferdeschlachtungssteuer eingeführt.

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Neuerscheinung: Briefwechsel Gerhart Hauptmann / Ivo Hauptmann

Titelbild der Ausgabe des Briefwechsels zwischen Gerhart und Ivo Hauptmann

Schon seit Mai 2012 ist im Schlesischen Museum zu Görlitz die Ausstellung „Poetische Orte“ zu sehen, deren Begleitband durch die Gegenüberstellung von Bildern Ivo Hauptmanns und Texten Gerhart Hauptmanns zum 150. Geburtstag des Vaters auch an den ältesten Sohn Gerhart Hauptmanns erinnert. Mit dem Briefwechsels zwischen Gerhart und Ivo Hauptmann (1886-1973) ist nun ein weiterer Beitrag zum Jubiläumsjahr erschienen, der einen „bislang unbekannte[n] Gerhart Hauptmann“ zeigt, wie es im Umschlagtext heißt: „Der Nobelpreisträger erweist sich als fürsorglicher und gelegentlich temperamentvoller Vater, der Ivos Laufbahn als bildender Künstler aufmerksam verfolgte.“

Der von Harriet Hauptmann (Enkelin Ivo Hauptmanns und Betreuerin der Ivo-Hauptmann-Archivs) und Stefan Rohlfs (Leiter des Gerhart-Hauptmann-Museums Erkner sowie 2. Vorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft) herausgegebene Briefwechsel umfaßt den großen Zeitraum zwischen 14. August 1895 und 27. April 1946. Es handelt sich um eine Auswahlausgabe, über deren Kriterien das Vorwort unterrichtet:

„Die Korrespondenz kann nur in Teilen wiedergegeben werden. Zum einen soll die Auswahl den Fokus auf die künstlerische Beziehung setzen, deshalb sind einzelne Briefe und Postkarten mit ausschließlich familiären Äußerungen und Informationen weggelassen worden. Zum anderen ist ein Großteil der Briefe, die im Laufe von über 50 Jahren von beiden Seiten geschrieben wurden, durch verschiedene Umstände nicht mehr erhalten. Bezugnahmen und Antworten auf Schreiben sind im Briefwechsel häufig nicht zu finden, da sich Gerhart und Ivo Hauptmann oft per Telefon oder im persönlichen Gespräch verständigten.“ (S. 7)

Trotz der Auswahl ist ein reichhaltiger Band zustande gekommen, der nicht primär wissenschaftliche Nutzer ansprechen will und wird, sondern Leser. Die einzelnen Briefe sind knapp sachlich annotiert, und für Anschaulichkeit sorgen 16 Abbildungen, u.a. Fotoportraits, faksimilierte Briefe sowie Zeichnungen und Gemälde Ivo Hauptmanns. Abgerundet wird der Band durch eine Zeittafel (S. 238-245) und ein Personenregister, das übrigens auch Verweisungen von den vielfach vorkommenden Kosenamen enthält.

Hauptmann, Gerhart und Ivo Hauptmann: »In höchster Berliner Eile . . . « Briefwechsel. Hrsg. v. Harriet Hauptmann und Stefan Rohlfs. Berlin: Verl. für Berlin-Brandenburg vbb, 2012. 252 S.
ISBN 978-3-942476-32-4
24,95 Euro

 

 

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Theatergespräche: Gerhart Hauptmann in Münster

Im Theater Münster hat eine Reihe von Gesprächen über Gerhart Hauptmann und sein Werk begonnen: „Aus Anlass des 150. Geburtstags von Gerhart Hauptmann (1862–1946) stellen Wissenschaftler im Wechselgespräch mit Schauspielern des Theaters Münster das Werk des Schriftstellers im Kontext der Literatur- und Theatergeschichte des 19./20. Jahrhunderts vor.“ Unter den Veranstaltungen des Jubiläumsjahrs dürfte dies hinsichtlich Umfang, Besetzung und inhaltlicher Breite eine der reichhaltigsten sein. Bis zum 3. März 2013 finden noch fünfzehn Gespräche statt, bei denen vor allem einzelne Dramen, aber auch die Novelle ‚Bahnwärter Thiel‘, autobiographische Schriften und Hauptmanns Rolle im deutschen Theater  thematisiert werden. Details sind dem Programm zu entnehmen.

 

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Neue Lieferung der Literaturhinweise online

Die zweite Lieferung für 2012 der Hinweise auf neue Hauptmann-Literatur (mit älteren Ergänzungen) ist online bereits verfügbar und wird mit den nächsten „Mitteilungen“ des 1. Vorsitzenden an die Mitglieder verschickt.

Gegenüber den letzten Lieferungen ist die Gliederung etwas übersichtlicher gestaltet: Rezensionen und in ausschließlich oder überwiegend Hauptmann gewidmeten Sammelbänden sind deutlicher als Untereinträge erkennbar und mit unterschiedlichen Symbolen gekennzeichnet.

Dafür, dass wir uns im Hauptmann-Jubiläumsjahr befinden, ist die Anzahl der verzeichneten Titel erstaunlich gering. Dafür sind mit dem zweiten Nachtragsband zu Sigfrid Hoeferts »Internationaler Bibliographie zum Werk Gerhart Hauptmanns« und mit der großen Hauptmann-Biographie von Peter Sprengel diesmal zwei besonders gewichtige Werke enthalten.

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Gerhart-Hauptmann-Tage im Deutschen Theater Berlin

Auch das Deutsche Theater Berlin, in dem unter den Leitungen Otto Brahms und Max Reinhardts zahlreiche Hauptmann-Stücke uraufgeführt wurden, hat zum 150. Geburtstag seines Hausautors mehrere Veranstaltungen im Programm. Die Gerhart-Hauptmann-Tage finden statt vom 16.-18. November, das Programm enthält u.a. eine Lesung der Erzählung »Mignon« (posthum 1947), die Vorführung des Stummfilms von Friedrich Wilhelm Murnau nach der Novelle »Phantom« mit Klavierbegleitung, Aufführungen von Michael Thalheimers Inszenierung der »Weber« und der »Ratten«, eine Diskussion »Hauptmann – das soziale Schreibtier« und die Präsentation von Peter Sprengels neuer Hauptmann-Biographie.

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Symposium zum 150. Geburtstag Gerhart Hauptmanns

Die Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft e.V., Berlin, und das Gerhart-Hauptmann-Museum Erkner laden am Freitag, den 16. November 2012 von 10.30-18 Uhr ein zum Symposium »Neue wissenschaftliche Studien zum Werk Gerhart Hauptmanns«. Folgendes Programm ist geplant:

1. Aus Gerhart Hauptmanns Frühwerk:

»›Engel läuten weg die Nacht!‹ Zwei unbekannte Gedichte aus Hauptmanns Landwirtschaftseleven-Zeit« (Prof. Dr. Peter Sprengel, Berlin)

»Geschichte und Gegenwart in Gerhart Hauptmanns ›Germanen und Römer‹ (1881/82 entstanden, noch nicht uraufgeführt)« (Prof. Dr. Louis F. Helbig, Les Echelles)

2. Erhellendes zu einem Skandal im Jahre 1913:

»Literatur und Politik im späten Kaiserreich. Der Streit um Gerhart Hauptmanns ›Festspiel in deutschen
Reimen‹ (1913)« (Prof. Dr. Hans-Christof Kraus, Passau)

3. Postum uraufgeführte dramatische Werke:

›Agamemnons Tod‹ und ›Elektra‹ (UA 10. September 1947) (Prof. Dr. Rüdiger Bernhardt, Bergen i. V.)

›Die Finsternisse‹ (UA am 5. Juli 1952) (Dr. Hans-Joachim Hahn, Berlin)

›Magnus Garbe‹ (UA am 4. Februar 1956) (Marc Jeremias Schweißinger, Cardiff/ Wales)

›Herbert Engelmann‹ (UA am 12. November 1962; UA in der Bearbeitung von Carl Zuckmayer schon am 8. März 1952) (Dr. Rita Klis, Berlin)

›Christiane Lawrenz‹ (UA am 12. April 1990) (Heinz Dieter Tschörtner, Berlin)

4. Gerhart Hauptmanns literarische Wirkung:

»Zur Weiterentwicklung Gerhart Hauptmanns in den Werken anderer Autoren« (Prof. Dr. Sigfrid Hoefert, Waterloo/Ontario)

Leitung der Veranstaltung: Dr. Klaus Hildebrandt, Nürnberg

Der Eintritt ist frei, das Gerhart-Hauptmann-Museum bittet um Anmeldung.

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Plagiate

Bei Nordwestradio / Radio Bremen wird plagiiert. Wer hätte das gedacht?

Im Weblog der Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft e.V., Berlin, veröffentlichte ich am 8. September einen rezensionsartigen Hinweis auf die Peter Sprengels im August erschienene Hauptmann-Biographie: http://www.gerhart-hauptmann-gesellschaft.de/peter-sprengels-hauptmann-biographie/ Bei der Recherche für die Literaturhinweise, die ich regelmäßig für die Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft zusammenstelle, stieß ich am 30.9. auf ein Gespräch, das Harro Zimmermann mit Peter Sprengel führte und das Radio Bremen am 29.9. gesendet hat.

Es ist erfreulich, daß dem Thema fast 45 Minuten Sendezeit eingeräumt werden, es ist auch erfreulich, daß meine Würdigung der Biographie für den Redakteur nützlich war (am 26.9. zwischen 12:20 und 12:35 Uhr wurden die Seiten der Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft von einer IP-Adresse besucht, die Radio Bremen zuzuordnen ist), ganz und gar nicht erfreulich hingegen ist es, daß sich nun auf den Webseiten von Radio Bremen zu dem Gespräch nicht als solche gekennzeichnete wörtliche Übernahmen, selbstverständlich auch ohne Quellenangabe, finden: http://www.radiobremen.de/nordwestradio/sendungen/literaturforum/literaturforum104_date-20120929.html

Nun bin ich kein Freund von Abmahnungen ohne vorherige Kontaktaufnahme (und auch kein Freund von Abmahnungen überhaupt), habe also eine freundliche, aber bestimmte E-Mail an die Online-Redaktion von Radio Bremen geschickt, mit der Bitte „die wörtlich übernommenen Formulierungen umgehend entweder als solche zu kennzeichnen und mit Quellennachweis zu versehen oder umzuformulieren“. Wahrscheinlich soll man sich geehrt fühlen, als Autor im Weblog einer kleinen literarischen Gesellschaft von einer Landesrundfunkanstalt plagiiert zu werden. Aber aufgrund des Bedeutungsunterschieds besteht leider die Gefahr, daß es genau andersherum wahrgenommen wird (sofern es überhaupt jemand bemerkt). Und diesen Eindruck möchte ich doch gern vermeiden, zumal ich mich innerhalb der Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft immer wieder dafür eingesetzt habe, daß in den Gerhart-Hauptmann-Blättern nicht ständig unautorisierte Nachdrucke erscheinen.

Im Sinne der Beweissicherung hier ein Screenshot vom 30.9., ca. 20:20 Uhr, in dem die wörtlichen Übernahmen markiert sind.

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Vortrag über Hauptmann und den Alkohol in Hannover

Zu einem Vortrag anläßlich des 150. Geburtstags von Gerhart Hauptmanns lädt die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover am 18. Oktober um 17 Uhr ein. Bernhard Tempel, Webmaster und Vorstandsmitglied der Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft e.V., spricht über Hauptmanns Verhältnis zum Alkohol:

»Ich trinke mehr für Andre als für mich«
Gerhart Hauptmann – Ein Dichter und sein Alkohol

Aus der Ankündigung:

»Als Josef Haslinger im vergangenen Jahr der Rheingau-Literaturpreis verliehen wurde (Preisfonds: 10.000 Euro und 111 Flaschen Rheingauer Riesling), bediente der Schriftsteller pflicht- und erwartungsgemäß das Klischee von der Bedeutung des Alkohols für das kreative literarische Schaffen: ›Alle Schriftsteller, die ich kenne, sind – mit wenigen Ausnahmen – gestandene Trinker.‹ Nur zeitweilig eine Ausnahme war Gerhart Hauptmann; das Verhältnis des Literaturnobelpreisträgers von 1912 zum Alkohol war vielschichtig und durchlief seine Wandlungen: Der Sohn eines Gastwirts wurde zum Mitbegründer der deutschen ›Fuselpoesie‹ (Conrad Alberti) in einem sozialkritischen Sinne, war vorübergehend Alkoholgegner und propagierte selbst Abstinenz, entwickelte sich schließlich zum Gewohnheitstrinker, wurde zum Vorbild für den begeisterten Trinker Pieter Peeperkorn in Thomas Manns ›Zauberberg‹ und blieb Gegner der Alkoholgegner. Bernhard Tempel hat Hauptmanns alkoholische Biographie rekonstruiert und in Beziehung zum künstlerischen Selbstverständnis des schlesischen Dichters gestellt.«

Der Eintritt ist frei, die GWLB bittet um Anmeldung. Die offizielle Einladung gibt es hier.

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Frisch auf dem Tisch: Peter Sprengels Hauptmann-Biographie

Der 150. Geburtstag Gerhart Hauptmanns rückt näher, und allmählich kommen die Einschläge dichter. Erschien Anfang August der Nachtragsband zur internationalen Bibliographie (wir berichteten), liegt nun der sehr wahrscheinlich gewichtigste Beitrag des Jubiläumsjahrs vor: Eine Biographie des Dichters aus der Feder von Peter Sprengel.

Umschlag von Peter Sprengels Hauptmann-Biographie

Um die Bedeutung dieses Werks ermessen zu können, hilft ein Blick auf die bisherige Lage der Hauptmann-Biographik. In den letzten Jahrzehnten waren es vor allem drei Biographien, die in mehreren Auflagen verfügbar waren:

  1. Eberhard Hilschers (1927–2005) umfangreiche Gesamtdarstellung erschien erstmals 1969 im Ost-Berliner Verlag der Nation unter dem schlichten Titel »Gerhart Hauptmann«.[1] Bis 1979 folgten zwei weitere Auflagen,[2] kurz vor der Wende 1987 eine Neubearbeitung, die den Untertitel »Leben und Werk« erhielt und nun veröffentlichtes wie unveröffentlichtes Material aus dem Nachlaß Gerhart Hauptmanns auswerten konnte.[3] Die Neubearbeitung erschien als Lizenzausgabe 1988 auch in Westdeutschland[4] und war die Grundlage für eine Taschenbuchausgabe, die der Aufbau-Verlag 1996 anläßlich von Hauptmanns 50. Todestag herausbrachte.[5] Das Nachwort dieser Taschenbuchausgabe bezeichnet das Werk nun als Biographie und gibt einen kurzen Hinweis auf die »schwierigen kulturpolitischen Bedingungen«, unter denen die »Urfassung« in der DDR entstand. »Erst Mitte der achtziger Jahre« sei es gelungen, »(wenngleich nicht immer kompromißlos), ärgerliche Lektoratseinschübe und verordnete Passagen aus der 1. Auflage von 1969 weitgehend zu eliminieren«.[6] Hilschers Hauptmann-Biographie war zweifellos ein Meilenstein, insbesondere weil sie ihrem Autor als Bewunderer Thomas Manns eine wohltuende Distanz zu seinem Gegenstand ermöglichte, die früheren Hauptmann-Biographien fehlte, da sie oft von Autoren aus dem Bekanntenkreis Hauptmanns stammten (z.B. von Paul Schlenther [1854-1916] oder Joseph Gregor [1888-1960]). Gleichwohl war Hilschers Hauptmann-Buch mehr eine Werkmonographie in chronologischer Darstellung mit biographischem Schwerpunkt als eine Biographie im engeren Sinne.
  2. Das Gegenstück zu Hilschers Arbeit für den westdeutschen Buchmarkt stammte von Wolfgang Leppmann (1922–2002). »Gerhart Hauptmann. Leben, Werk und Zeit« lautet der Titel seiner 1986 im Scherz-Verlag veröffentlichten Hauptmann-Biographie,[7] die drei Jahre später auch im Fischer Taschbuchverlag[8] erschien und zwischen 1995 und 2007 in einer Neuausgabe bei Propyläen und Ullstein erhältlich war.[9] Warum sich diese Biographie geringerer Beliebtheit erfreute, obwohl sie im Untertitel 1995 sogar als »die Biographie« bezeichnet wurde (die folgenden Ausgaben waren wieder bescheidener), bedürfte einer eigenen Untersuchung. Der geringere Umfang wird kaum der Grund sein, sicher auch nicht, daß es bei Leppmann keine biographische Zeittafel gibt (wie Hilscher sie bietet). Über ein Register erwähnter Personen und Werke Hauptmanns verfügen beide Biographien, so daß auch hier nicht der Grund liegen dürfte. Der Gebrauchswert von Leppmanns Darstellung (für gezielten Zugriff) ist etwas beschränkter aufgrund der gröberen Gliederung.
  3. Gänzlich anderen Charakter hat die Rowohlt-Bildmonographie von Kurt Lothar Tank (geb. 1910), die zwischen 1959 und 2006 insgesamt 28 Auflagen erfuhr.[10] Geringerer Umfang, hoher Anteil an Illustrationen und Zitaten, die für sich sprechen sollen, und stärkere Beschränkung auf im engeren Sinne Biographisches sind Kennzeichen der Reihe, in denen der Band erschien. Da die Hauptmann-Forschung nicht frei von Fortschritten war, wäre – gerade angesichts der großen Verbreitung der Rowohlt-Bildmonographien – eine Neufassung auch des Bandes über Hauptmann längst an der Zeit gewesen. (Vielleicht kann der Verlag dafür nun Peter Sprengel gewinnen, nachdem die große Hauptmann-Biographie vollendet ist?)

Neben diesen dreien gab es auch in jüngerer Zeit verschiedene Biographien oder biographische Essays, von denen jedoch kein Werk die auch nur annähernd vergleichbare kanonische Bedeutung erlangt hat (wobei Auflagen- und Verkaufszahlen nicht als einziges Kriterium der Bedeutung und Wirkung gelten sollen). Hervorzuheben wäre noch »eine Biografie« (so auch der Untertitel) von Rüdiger Bernhardt aus dem Jahr 2007,[11] die sich sowohl vom Umfang her (etwas über 200 Seiten) als auch durch ihre Form (insbesondere mit zahlreichen Illustrationen) an ein breiteres Publikum richtet, sofern das bei einem Autor wie Gerhart Hauptmann überhaupt noch verfügbar sein sollte.

»Eine Biographie« lautet nun auch der zweite Untertitel der neuen Hauptmann-Biographie von Peter Sprengel, die nicht nur »die ausführlichste Monographie, die je über Hauptmann geschrieben wurde« (S. 10 f.), sein dürfte, sondern überdies Aussicht darauf haben dürfte, ab jetzt und für lange Zeit die Hauptmann-Biographie schlechthin zu werden. Warum sollte das so sein?

Zum einen ist der Verfasser ausgewiesener Kenner Hauptmanns und überhaupt der Literaturgeschichte mit Schwerpunkt auf dem deutschen Kaiserreich. Das ist freilich ein Vorschußkredit, der sich aber schon nach Lektüre der ersten zwei oder drei Kapitel als berechtigt erweist. Angesichts der zahlreichen Veröffentlichungen Sprengels über Gerhart Hauptmann könnte naheliegen, daß er nun nur die Summe des Bekannten bietet. Mitnichten jedoch bleibt die neue Biographie dabei stehen, vielmehr ist sie selbst ein weiterer Beitrag zur Hauptmann-Forschung, der sich auf intensives Studium auch unveröffentlichter Quellen gründet (man betrachte nur die Liste der »Siglen für Werkausgaben und Archive« auf S. 814, die allein sieben Nachlässe aus vier bestandshaltenden Institutionen enthält, und das sind nur die mit Siglen zitierten) und zahlreiche Mythen der Hauptmann-Biographik revidiert. Im einleitenden Abschnitt heißt es dazu:

»Die konsequente Orientierung an Originalquellen aus der Zeit des jeweiligen Geschehens – also vor allem Tagebücher und Briefe –, die sich diese Darstellung zur Pflicht gemacht hat, führt zu zahlreichen Korrekturen und neuen Erkenntnissen im Detail. So werden Entstehung und Druckgeschichte der ersten Buchveröffentlichungen Hauptmanns auf eine deutlich veränderte Basis gestellt, eine unbekannte Jugendgeliebte (Gertrud Laske) entdeckt, eine handfeste Erpressung durch den ersten literarischen Mentor (Max Kretzer) aufgedeckt und eine persönliche Begegnung mit dem Pazifisten und Dadaisten Johannes Baader zur Zeit des Ersten Weltkriegs dokumentiert, von der sich bisher weder die Hauptmann- noch die Baader-Kenner etwas träumen ließen. Erstmals erfahren wir aus Hauptmanns eigenem Mund Genaueres über seine Intentionen bei der Niederschrift der Weber; erstmals wird das Geheimnis um die Heirat seines Sohns Benvenuto mit Elisabeth Prinzessin zu Schaumburg-Lippe gelüftet; erstmals wird der Leser anhand der Tagebücher Margarete Hauptmanns über die prekäre Lage ihres schon vom Tod gezeichneten Mannes im polnisch gewordenen Schlesien zur Zeit der Heimatvertreibung informiert.« (S. 11)

Wer schon Sprengel Buch über Gerhart Hauptmann im Dritten Reich[12] kennt, hat damit zugleich eine Vorstellung von der Art der Gesamtbiographie. In leserfreundlichem, fast erzählenden Stil, dennoch stets detailreich, fundiert und ohne Spekulationen führt der Autor seine Leser durch ein ereignisreiches Leben. Im Zentrum steht das Leben des Dichters, ohne daß Bezüge zum Werk zu kurz kämen, denn beides war bei Hauptmann engstens miteinander verbunden.

Außer für sequentielle Lektüre und zum Blättern, wozu u.a. die Illustrationen einladen, eignet sich die Biographie auch zum Nachschlagen. Es gibt zwar keine Zeittafel (die den Band noch umfangreicher gemacht hätte und die vielleicht entbehrlich ist, weil sich der Text eng an die Chronologie hält), dafür findet man aber außer den Verzeichnissen der erwähnten Personen und der Werke Hauptmanns ein Register der Aufenthaltsorte.

Erschienen ist die Biographie im Verlag C. H. Beck, der seit Jahren Maßstäbe bei wissenschaftlich fundierten Schriftsteller-Biographien gesetzt hat: man denke etwa an die Thomas-Mann-Biographie von Hermann Kurzke und die Kafka-Biographie von Peter-André Alt. Es ist nicht die schlechteste Umgebung für die neue Hauptmann-Biographie, der große Verbreitung zu wünschen ist. In der Hauptmann-Forschung wird man sie bald nicht mehr wegdenken können. Und spätestens, wenn in einigen Jahren eine Taschenbuchausgabe folgen wird, dürfte größerer Verbreitung nichts mehr im Wege stehen.

Peter Sprengel: Gerhart Hauptmann. Bürgerlichkeit und großer Traum. Eine Biographie. München: Beck, 2012. – 848 S.: zahlr. Ill. – ISBN: 978-3-406-64045-2 – 38 Euro.
Inhaltsverzeichnis

Nachweise:

[1] Eberhard Hilscher: Gerhart Hauptmann, Berlin: Verl. der Nation, 1969, 661 S.
[2] Eberhard Hilscher: Gerhart Hauptmann, 2., durchges. Aufl., Berlin: Verl. der Nation, 1974, 665 S. u. Eberhard Hilscher: Gerhart Hauptmann, 3., überarb. Aufl., Berlin: Verlag der Nation, 1979, 632 S.
[3] Eberhard Hilscher: Gerhart Hauptmann. Leben und Werk. Mit bisher unpublizierten Materialien aus dem Manuskriptnachlaß des Dichters, Neuausg., 1. Aufl., Berlin: Verl. d. Nation, 1987, 601 S.
[4] Eberhard Hilscher: Gerhart Hauptmann. Leben und Werk. Mit bisher unpublizierten Materialien aus dem Manuskriptnachlaß des Dichters, Frankfurt/M.: Athenäum, 1988, 601 S.
[5] Eberhard Hilscher: Gerhart Hauptmann. Leben und Werk, Berlin: Aufbau Taschenbuch-Verl., 1996, 608 S.
[6] Ebd., S. 579.
[7] Wolfgang Leppmann: Gerhart Hauptmann. Leben, Werk und Zeit, Bern: Scherz, 1986, 415 S.
[8] Wolfgang Leppmann: Gerhart Hauptmann. Leben, Werk und Zeit (Fischer-Taschenbücher 5683), Frankfurt/M.: Fischer-Taschenbuch-Verl., 1989, 415 S.
[9] Wolfgang Leppmann: Gerhart Hauptmann. Die Biographie, Neuausg., Berlin: Propyläen, 1995, 414 S. u.
Wolfgang Leppmann: Gerhart Hauptmann. Eine Biographie, Frankfurt/M. und Berlin: Ullstein, 1996.
[10] Kurt Lothar Tank: Gerhart Hauptmann in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten (Rowohlts Monographien 27), Hamburg: Rowohlt, 1959, 176 S.
[11] Rüdiger Bernhardt: Gerhart Hauptmann. Eine Biografie, Fischerhude: Atelier im Bauernhaus, 2007, 224 S.
[12] Peter Sprengel: Der Dichter stand auf hoher Küste. Gerhart Hauptmann im Dritten Reich, Berlin: Propyläen, 2009, 382 S.

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